Ein irrealer Bedingungssatz wird meistens mit wenn oder falls eingeleitet. Er beschreibt einen Sachverhalt, der möglich oder wahrscheinlich ist, der
aber nur in Gedanken konstruiert wird. Dabei formuliert der Nebensatz eine Bedingung, die – wenn sie erfüllt wäre – eine bestimmte Folge hätte. Die Folge wird im Hauptsatz
formuliert. Haupt- und Nebensatz bilden zusammen ein sogenanntes Konditionalgefüge.
Irrealer Bedingungssatz und Konjunktiv II
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würde-Formen
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Bildung des irrealen Bedingungssatzes
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Irrealer Bedingungssatz und Konjunktiv II
Bei irrealen Bedingungssätzen verwendet man in Haupt- und Nebensatz immer den Konjunktiv II. Zum Gebrauch der würde-Formen siehe unten.
Zum Ausdruck der Gegenwärtigkeit oder der Zukunft verwendet man den Konjunktiv II Präteritum oder die Form würde + Infinitiv Präsens (Konjunktiv II
Futur I).
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Sie würde euch gerne besuchen, wenn sie
Zeit hätte.
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Es wäre gut für ihn, wenn er eine neue
Stelle fände.
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Wenn ich nächstes Jahr genügend Geld hätte, würde ich eine Weltreise machen.
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Ich würde mich freuen, wenn du mich
einmal besuchen würdest.
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Zum Ausdruck der Vergangenheit verwendet man den Konjunktiv II Plusquamperfekt oder selten die Form würde + Infinitiv Perfekt (Konjunktiv II Futur II)
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Sie hätte euch gerne besucht, wenn sie
Zeit gehabt hätte.
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Es wäre gut für ihn gewesen, wenn er eine neue
Stelle gefunden hätte.
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Wenn ich damals genug Geld gehabt hätte, hätte ich eine Weltreise gemacht.
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Selten: Wenn ich damals genug Geld gehabt haben würde, würde ich ein Weltreisegemacht haben.
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würde-Formen
Anstelle des Konjunktivs II Präteritum und Plusquamperfekt verwendet man ohne Bedeutungsunterschied auch die Formen mit würde + Infinitiv Präsens (Konjunktiv II
Futur I) resp. würde + Infinitiv Perfekt (Konjunktiv II Futur II).
Konjunktiv II Präteritum
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würde + Infinitiv Präsens
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Wenn er richtig suchte, fände er es.
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Wenn er richtig suchen würde, würde er es finden.
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Konjunktiv II Plusquamperfekt
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würde + Infinitiv Perfekt
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Wenn er richtig gesucht hätte, hätte er es gefunden.
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Wenn er richtig gesucht haben würde, würde er es gefunden haben.
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Die Formen mit würde gehören eher zur gesprochenen Umgangssprache. In der geschriebenen Standardsprache werden die Formen ohne würde bevorzugt. Dies
gilt insbesondere für die schwerfälligen Formen würde + Infinitiv Perfekt.
Die würde-Formen kommen aber auch in der Standardsprache vor:
- Wenn die Formen des Konjunktivs II und des Indikativs Präteritum identisch sind und deshalb der Aspekt der Irrealität nicht mehr deutlich erkennbar wäre, sollten
die würde-Form gewählt werden:
Ich würde mich freuen, wenn du mich besuchen
würdest.
statt: Ich freute mich, wenn du mich besuchtest.
Es genügt allerdings, dass eine der beiden Verbformen den Aspekt der Irrealität eindeutig ausdrückt:
Ich würde mich freuen, wenn du mich einmal besuchtest (ebenfalls möglich aber
nicht notwendig: besuchen würdest).
Sie sähen das
Problem anders, wenn man es ihnen richtig erklärte (ebenfalls möglich aber nicht
notwendig: erklären
würde).
- Bei ungebräuchlichen, als altmodisch oder geziert empfundenen Formen von unregelmäßigen Verben wird die würde-Form bevorzugt. Hierzu gehören vor allem Formen mit
Umlaut wie zum Beispiel:
klänge, misslänge, stänke, träfe, stäche, schwämme/schwömme, vergösse, flösse, schösse, verlöre, schmölze,
führe (fahren), grübe, wüsche, stürbe.
Wenn der ganze Gletscher schmelzen würde, würde der See überfließen.
statt: Wenn der ganze Gletscher schmölze, flösse der See über.
Siehe auch Die würde-Formen.
Bildung des irrealen Bedingungssatzes
Nebensatz mit wenn oder falls
Am häufigsten kommt ein mit wenn (oder falls) eingeleiteter Nebensatz und ein Hauptsatz vor:
Wenn ich nicht arbeiten müsste, würde
ich euch begleiten.
Die Ferien wären noch schöner gewesen, wenn es nicht geregnet hätte. Falls der Zug zu spät ankäme, solltet ihr uns schnell anrufen.
Finites Verb an erster Stelle
Die Konjunktion wenn (oder falls) kann weggelassen werden. Das finite Verb des Nebensatzes steht dann an allererster Stelle:
Müsste ich nicht arbeiten, würde ich
euch begleiten. Hätte es
nicht geregnet, wären die Ferien noch schöner gewesen. Würdest du richtig suchen, hättest du es schon lange gefunden.
Weglassung des Nebensatzes (unvollständiges Konditionalgefüge)
Wenn aus dem Kontext deutlich ersichtlich ist, was gemeint ist, wird der Nebensatz mit der Bedingung manchmal ganz weggelassen (unvollständiges oder elliptisches
Konditionalgefüge):
Das wäre schön!
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Es wäre schön, wenn es so wäre.
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Ich würde das nicht tun.
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Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich das nicht tun.
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Wenn sie doch nur schon hier wären!
Wären sie doch nur schon hier!
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Ich wäre froh, wenn sie schon hier wären.
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Andere Konstruktionen
Der Nebensatz kann auch durch andere Konstruktionen ersetzt werden:
Infinitivkonstruktion:
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Es wäre besser, das nicht zu tun.
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Es wäre besser, wenn du das nicht tätest
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Ersatz durch eine Konstruktion mit Präposition:
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An deiner Stelle würde ich das nicht tun.
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Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich das nicht tun.
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Ich wäre nicht unzufrieden mit einer Lohnerhöhung.
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Ich wäre nicht unzufrieden, wenn ich eine Lohnerhöhung erhielte.
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Konstruktion mit aber, sonst usw., wobei bejahte Sätze verneint respektive verneint Sätze bejaht werden:
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Er würde sich ein Auto kaufen, aber er hat kein Geld.
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Er würde sich ein Auto kaufen, wenn er Geld hätte.
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Wir sind früh weggefahren, sonst wären wir nicht rechtzeitig
angekommen.
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Wenn wir nicht früh weggefahren wären, wären wir nicht
rechtzeitig angekommen.
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Du hast sie nicht eingeladen. Sie wäre sicher gekommen.
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Wenn du sie eingeladen hättest, wäre sie sicher gekommen.
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